Ok, genug des positiven Feedbacks, es folgt jetzt also der Zugeschaut und Mitgebaut-Teil in 3 Posts
Prinzip
Die Schaltung ist zwar das Ergebnis einiger Überlegung, aber trotzdem super einfach aufzubauen und benötigt genau 9 Bauteile.
Den Anstoss, das mal umzusetzen - obwohl mein Rad prima mit Daumengas fährt - gab es übrigens als mir neulich am Berg der Hebel vom Daumengas abbrach...
Sie beruht auf dem Prinzip dass, wenn das Rad sich neigt (zB. am Berg), ein entsprechender Anteil der Erdbeschleunigung (genauer gesagt die Gegenkraft) in Längsrichtung des Fahrrads wirkt. Die Beschleunigung wenn man in die Pedale tritt wirkt in die gleiche Richtung, das ist schonmal gut.
Geht es bergab oder man bremst, wirkt das genau in die Gegenrichtung, das passt also auch. Die Welt könnte so schön sein. Eins greift ins andere.
Leider leider macht es aber doch einen Unterschied ob man mal kurz in die Pedale steigt oder einen Berg hochfährt. Denn im ersten Fall reicht ein kurzer Krafteinsatz um mit höherer Geschwindigkeit weiterzufahren, im zweiten Fall muss die Beschleunigung gegen die Schwerkraft aufrechterhalten werden um die Geschwindigkeit zu halten. Man braucht daher für den zweiten Fall deutlich mehr Unterstützung.
Die Lösung ist das dazu nehmen einer zweiten Achse, die senkrecht zur ersten steht. Durch die Art wie diese verwendet wird wird auch noch ein zweites, konstruktives Problem erschlagen. Deshalb ist die Schaltung so simpel.
Hier mein verzweifelter Versuch das Prinzip zu illustrieren.
Schaltung
Das Herzstück ist ein ADXL335. Das ist ein 3-Achsen Beschleunigungssensor mit analogen Ausgängen. So ein Chip ist heute nur noch 3mm gross, es gibt ihn aber auf einer Platine namens GY-61 für die grobmotorischen Arduino-Bastler (gibts beim Chinesen zB. auf ebay).
Da ist auch schon ein Spannungsregler drauf so dass man das mit 5V betreiben kann.
Die erste Aufgabe ist das Zeitverhalten des Beschleunigungssensors etwas zu beruhigen, so dass er sich nicht für jedes Steinchen interessiert. Dazu dienen die 22µF Elkos an den Ausgängen. Auf der Platine sind dafür schon 100nF Kondensatoren, damit würde er aber fünfzig Saltos in der Sekunde mitgehen.
Der Gasgriff beim Pedelec bietet 5V Spannung und erwartet üblicherweise eine Steuerspannung zwischen 1V-4,5V zurück. Der Beschleunigungssensor gibt in waagerechter Position für die X--Achse eine Spannung von zB. 1,65V aus, genauer gesagt die Hälfte seiner Versorgungsspannung von ca. 3,3V. Bei einer Steigung von 10% ändert sich diese um sage und schreibe 0,03V (der Chip misst +/-3g)
Die zweite Aufgabe ist also, das auf den Bereich von 1V-4.8V umzusetzen, oder wenigstens 0-5V. Das geschieht mit dem unteren Operationsverstärker der als nichtinvertierender Verstärker beschaltet ist. Dabei wird ein Offset abgezogen 0V=1,65V-1,65V. Bei dieser einfachen Lösung wird der Offset mitverstärkt (genauer gesagt Ua=(Ue-Uo)*(Gain)+Uo). An dieser Stelle setzt jetzt auch der Trick mit der zweiten Achse an. Da sich das ganze im Millivoltbereich abspielt ist es wichtig dass der Offset immmer im gleichen Verhältnis zu der Spannung der X-Achse steht, unabhängig davon wie hoch die Versorgungsspannung grade so ist, die ja aus dem Bikecontroller kommt. Und da nehmen wir jetzt einfach mal die Z-Achse her, die an der gleichen Versorgungsspannung hängt wie die X-Achse. Die Z-Achse hat bei waagerechtem Chip ungefähr 1,97V, und _sinkt_ wenn man den Chip neigt. Wir erinnern uns dass der Offset abgezogen und dann mitverstärkt wird. Eine Neigung der Z-Achse vergrössert also die Ausgangsspannung weiter, oder umgekehrt: Bei gleicher Beschleunigung auf der X-Achse ist die Gesamtspannung in der waagerechten geringer. Wir können jetzt also zwischen einer Bergfahrt und einem Angeber unterscheiden.
Die Z-Achse wird durch den einstellbaren Spannungsteiler links auf den richtigen Bereich für den Offset skaliert. Der zweite, obere Operationsverstärker wird als Spannungsfolger betrieben und dient dazu den Spannungsteiler zu entkoppeln. Dadurch fallen einige Schmutzeffekte weg. Üblicherweise sind in einem 8-Pin IC sowieso zwei von denen drin.
Die Schaltung ist auf geringsten Strombedarf optimiert. Im echten Gasgriff ist entweder ein Hallsensor oder ein 5k Poti. Daraus resultiert dass der Controller sich nicht schämen muss wenn er an diesem Anschluss nur einen max. Strom von 1mA zur Verfügung stellt. Die Schaltung bewegt sich in diesem Rahmen.
Wahl des Operationsverstärkers: Er muss Rail-to-Rail sein, mit einer Versorgungsspannung von 5V laufen und einen niedrigen Stromverbrauch haben. Ich habe den ICL7621 genommen, Dual OP-Amp im DIP8 Gehäuse.
ACHTUNG: manche Controller zicken rum wenn der Gasgriff ausserhalb 1V-4,5V bewegt, zB. Abschaltung bei >4,5V. Dann sind noch weitere Massnahmen nötig um die Spannung in diesem Bereich zu halten, zB. durch einen Spannungsteiler. Meinem ist das Wurscht.
Meine Güte, der pappt das ja alles zusammen...
Aufbau
Die Schaltung kann man leicht auf einer Lochstreifenrasterplatine aufbauen. Meine ist trotzdem nur 50x40mm gross. Dabei ist darauf zu achten dass der Pfeil für die X-Achse auf dem Beschleunigunssensor-Platinchen später in Fahrtrichtung zeigen muss.
Das ist hier ein früher Prototyp, nicht die hier beschriebene Endstufe
Falls man nicht wie ich ein gerades Oberrohr hat sollte man sich an dieser Stelle schon eine Strategie zurechtlegen wie man das Gadget später wagerecht befestigt.
Da es hier um kleinste Winkel geht muss die Platine aber stabil und vor allem absolut plan in einem Gehäuse fixiert werden. Dabei sollte man an all die rausstehenden Beinchen und fetten Lötpunkte denken. Ich habe Verpackungsschaumstoff untergelegt und die Platine bündig mit Isoband an der Kante des Gehäuseunterteils fixiert. Das Gehäuse muss genügend Platz für alles, insbesondere Kabel und Schalter bieten, so dass im geschlossenen Zustand nichts auf die Platine drückt.
Da man die Schaltung nicht frei Schnauze am Rad kalibrieren kann, andererseits doch probefahren muss ist es zu empfehlen sie mit Steckern/Buchsen zu versehen die zum Controllerkabel passen, und ein zusätzliches Kabel als "virtuellen Controller" an ein Netzteil und ein Voltmeter anzuklemmen.
Ich habe den Gasgriff durchgeschleift. Mit einem Schalter am Gehäuse (2xUM) kann man die Versorgungsspannung und die Ausgangsspannung zwischen dem Gasgriff und der Neigungssteuerung umschalten. Das "Minuskabel" kann dabei an beides angeschlossen bleiben.
Die beiden Potentiometer zur Einstellung des Offsets (Minimalspannung) und des Gains (Maximalspannung) müssen feinsinnige Wendeltrimmer sein. Es macht keinen grossen Sinn diese mit Drehknopf nach aussen zu führen, da man zur Einstellung ein Voltmeter braucht und die beiden Einstellungen sich gegenseitig beeeinflussen. Praktisch wäre es aber wenn man sie bei geschlossenem Gehäuse verstellen kann, zB. durch Bohrungen.
Zur Kalibrierung schliesst man an den Ausgang ein Voltmeter an. Das Gizmo kommt auf ein Brettchen mit bekannter Länge das zunächst waagerecht liegt. Jetzt stellt man zunächst den Offset so ein, dass das Voltmer grade so 0V anzeigt, dh. eine Spannung anzeigt sobald man nur ein kleines Stückchen weiterdreht. Jetzt unterlegt man die Seite des Brettchens "in Fahrtrichtung" so dass eine schiefe Ebene mit der Steigung entsteht, bei der man später die volle Unterstützung haben will. Also zB. 30cm Brettchen + 1,5cm Schraubenzieher = 5% Steigung. Dabei darf das Brettchen aber nicht auf die Seite geneigt sein. In dieser Stellung stellt man das Gain so ein dass das Voltmeter grade die Maximalspannung zeigt, dh. die Spannung absinkt sobald man ein wenig weiterdreht. Fertig? NEIN! Da die beiden Werte voneinander abhängen, wiederholt man die beiden Schritte bis sich keine Veränderung mehr ergibt.
Ich hatte bisher auf 5-7% Steigung kalibriert. Das Fahrgefühl war dabei ziemlich natürlich aber sehr grosszügig für jemanden der sonst nur am Berg den Gasgriff bemüht. Somit würde ich eher empfehlen mit 10% einzusteigen.
Ich habe das Gerät bisher mit Velcro (Klettband) am Oberrohr befestigt da ich es in der Konstruktionsphase natürlich oft abmachen musste (der Pfeil auf der Platine im Innern muss übrigens immer noch in Fahrtrichtung zeigen

). Mein Oberrohr ist auch absolut waagerecht. Hat man nur schräge Rohre, sollte man es eher seitlich drehbar befestigen, das müsste man schon beim Gehäuseeinbau berücksichtigen. Das weisse Ding obendrauf ist eine sogenannte Dosenlibelle. Damit kann man es waagerecht ausrichten. Ist aber optional. Übrigens: die beweglichen Teile des Lenkers sind gänzlich ungeeignet als Platz für das Ding.
Für den Dauereisatz sollte man es fest montieren, so dass das mit der Waagerechten und der Senkrechten passt.
Und zum Schluss nochmal die Warnung: das Ganze macht nur Sinn wenn der Gasgriff bei euerm Controller durch Pedalieren freigeschaltet wird. HAL?HAL???