AW: Erfahrungen mit Biketec FLYER
Inzwischen sind einige Kilometer ins Land gefahren und ich kann Euch ein paar Eindrücke schildern...
Das Rad sieht für meine Begriffe ausgesprochen schön aus. Wenn die Fahrleistungen auch noch stimmen, dann wirst Du sicher viel Freude damit haben.
Auch ich finde gegen die Optik nichts einzuwenden. Allerdings ist das Design ja einigermaßen {räusper} umstritten {hüstel}. Das ist - wie immer - Geschmackssache. Mit den Fahrleistungen bin ich jedenfalls - soviel sei vorab verraten - sehr zufrieden.
Ich bin noch nicht so weit wie du - überlege gerade hin und her, welcher es sein soll. [...]
Bin auch noch am überlegen, ob ich die 5er Version, oder velleicht doch gleich die um 300.- teurere 8er Version nehmen soll.
Von den verschiedenen Dingern (nicht nur Flyer), die ich probegefahren bin, würde ich sagen macht den größten Unterschied bei den Flyern die Schaltung und die Bremsen aus. Wenn es für Dich finanziell drin liegt, nimm einen mit 3*Nabe + 7/8*Kettenschaltung, also eine "schnelle" Version. Ansonsten sind die Unterschiede nicht so gravierend. Die 3*8-Schaltung am (leider nur einen Tag probegefahrenen) HS-Flyer fand ich mitsamt der Unterstützung bis 45 km/h genial; ein Flugtraum zum abheben, wären Flügel dran...
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Nun meine ersten Eindrücke mit dem durchaus ebenfalls flugtauglichen Flyer T5 mit 8-Gang Na
rbenschaltung.
Antrieb (der Pedelec-Effekt): Sicherlich der interessanteste Aspekt im Vergleich zu einem herkömmlichen Fahrrad ist der Antrieb. Hier gibt es Schub, wenn der Wind von vorn bläst oder der Berg sich drohend vor dem Fahrer aufbaut: Der Antrieb gibt mir allzeit Rückenwind satt,
trotz 114kg Eigenmasse. Berge verlieren ebenso wie Gegenwind den Schrecken. Gerade im Gegenteil, man freut sich regelrecht auf Anstiege.
Insgesamt dämpft der Antrieb die Geschwindigkeitsspitzen - man fährt mit konstanter(er) Geschwindigkeit. Bei Steigungen behält man einen (im Sommer besonders) angenehmen Fahrtwind; allerdings erreicht man auch bei Abfahrten keine so hohen Geschwindigkeiten wie sonst, da ja der Motor bei 25 km/h abgeregelt ist und die 8-Gang Nabenschaltung mangels hoher Übersetzung ein Limit setzt, da tritt man leider ins Leere und "orgelt sich 'nen Wolf", wie
minimax hier schrieb. Somit
kommt man auf deutlich höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten als ohne Antrieb, gerät aber auch nicht in einen Geschwindigkeitsrausch. Vom sicherheitstechnischen Aspekt her gewiss zu begrüßen. - Dennoch befindet sich mein Flyer gerade in der ersten Inspektion und ich lasse mir nun hinten gaaanz sicher kein kleineres Ritzel anbauen...
Die Unterstützungsstufen - lt. Bedienungsanleitung 0,5 - 1,0 und 1,5 - liegen gefühlt
"dichter beisammen" als bei dem HS-Modell, das ich probegefahren bin.
Bei dem HS-Flyer hatte ich das Gefühl, daß sich bei 0,5 ("Lo") praktisch gar nichts tut (auch im direkten Vergleich zu "Power off") und der Antrieb gerade eben nur sein eigenes Zusatzgewicht ausgleicht - so richtig Spaß kam da erst bei 1,5 ("Hi") auf. Bei meinem T5 wähle ich dagegen gern auch die
geringe Unterstützung und empfinde den Vortrieb als durchaus
nennenswert zügiger als beim herkömmlichen Rad. Das reicht allemal bis hin zu leichten Steigungen, wo ich dann - je nach Laune und Reichweitenbedarf - auf die mittlere, bei deutlichen Steigungen dann die hohe Unterstützung anwähle. Allerdings trete ich selbst bei Anstiegen sicher im Bereich >200W, sodaß der Unterschied zwischen mittlerer und hoher Stufe kaum bis gar nicht zum Tragen kommt.
Was mich derzeit noch ungemein stört, ist
die Limitierung der Trittfrequenz: Gerade am Berg trete ich normalerweise mit höherer Frequenz (vielleicht 80), beim T5-Flyer ist jedoch
bei 70 Schluß und optimalen Wirkungsgrad hat man gar noch darunter;
etwa 65. Das hat zur Folge, daß man ständig versucht ist, runterzuschalten um in den
eigenen Drehzahlbereich zu kommen. Dann aber verabschiedet sich der Antrieb und man muß alles alleine treten, wodurch man noch langsamer wird... und dann setzt der Antrieb wieder ein. Man muß also von vornherein der Versuchung widerstehen, herunterzuschalten. Dann kann man auch den Antrieb seinen Job tun lassen: Im 5. Gang schaffe ich die hier üblichen Steigungen bei sehr ordentlicher Geschwindigkeit. Bin ich schon etwas ausgepumpt oder faul, nehme ich den 4. und trete nur mäßig, aber langsam mit: Der Motor gibt seine 250W und ich fahre locker-flockig den Berg hoch. Ist sonst nicht meine Art, als Radfahrer von Haus aus arbeite ich schon ganz gerne mit... andernfalls hätte ich ja einen "Roller" gekauft. Die weiter unten liegenden Gänge 1.+2., meist auch den 3. hätte man sich sparen können, die habe ich dann lieber am langen Ende demnächst.
Es gibt hier einen Weg, der sich
"steiler Weg" nennt (und ein kurzes Stück sehr steil ist!): Da habe ich mal den 1. Gang mit vollem Antrieb gewählt und kam gut hoch. Ohne Antrieb wäre es am alten Rad was für den kleinsten Gang (von 3*7) gewesen, der natürlich noch kleiner war als hier der 1. der Nabe. Ansonsten ist das Getriebe mit den unteren Gängen eher was für's Gebirge/Alpen.
Gefährliche Kreuzungen überquere ich - nach dem STOP - gerne mit hoher Unterstützung und fahre da im 4. Gang an. Der Motor gibt dann die ersten Pedalumdrehungen gewaltig Schub und man ist viel schneller über die Kreuzung hinweg als mit einem herkömmlichen Rad ohne Antrieb. Lästig/gewöhnungsbedürftig ist, den rechten Fuß nicht mehr auf dem Pedal lassen zu können, während man an der Ampel hält; der Motor versucht dann anzufahren (und lutscht am Akku!), was man ja eben nicht will. Hier würde ich mir einen Unterbrechungsknopf wünschen: So lange der gedrückt ist, kein Antrieb.
Die Reichweite steigert sich noch, mein Akku hat schon spürbar zugelegt. Die ersten beiden Ladungen habe ich ihn komplett leergefahren, bis zum Abschalten des Antriebs (Licht geht dann aber noch). Das waren magere ca. 35 km. Die letzte Fahrt war ich ziemlich lang unterwegs, wahrscheinlich so um die 70 km, davon auch einiges ohne Antrieb ("off"), und der Akku zeigte beim heimkommen noch 2 von 5 LEDs an. Dazu im Laufe der Zeit noch mehr, da die Erfahrungen hier noch nicht ausreichen. Ich bin recht zuversichtlich, den Arbeitsweg (hin+rück=56 km) bald mit einer Ladung zu bewältigen.
Der Tretsensor, d.h. das Dingelchen welches mißt mit wieviel Kraft ich trete um dann entsprechend der gewählten Fahrstufe Motorkraft zuzusteuern ist nicht zu bemerken, also praktisch gefühlt "nicht vorhanden", da wohl rein elektronisch arbeitend. Bei einigen Rädern, die ich probegefahren bin, war das ganz anders; da trat man eine viertel bis halbe Kurbelumdrehung "weich ein", also mit spürbarem Gegendruck des Sensors. Dieser Gegendruck geht natürlich für den Vortrieb verloren; beim Flyer ist das nicht so. Auch
der Nachlauf des Motors, d.h. wie lange der Motor noch schiebt, wenn ich schon aufgehört habe zu treten ist angenehm kurz (vielleicht eine halbe Sekunde) und damit erheblich kürzer als bei anderen Pedelecs (gefühlt "'ne halbe Ewigkeit", vielleicht 2 Sekunden).
Fahrverhalten (Flugverhalten bei Loopings): Wenn man das Fahrzeug so sieht, denkt man es kaum, aber aufgrund der Bauweise mit dem Akku vor dem Hinterrad ist der Flyer (mit meinem 55er Rahmen zumindest)
einen halben Raddurchmesser länger als ein herkömmliches Rad. Das macht sich bei Kurven sehr deutlich bemerkbar! Wo man sonst seinen Kurvenradius kannte und wußte "hier kann ich wenden", sieht man sich nun vor Probleme gestellt. Daran muß man sich erst gewöhnen. Andererseits liegt das Fahrzeug sehr satt und ruhig auf der Straße, sicher auch wegen des längeren Achsstandes, aber auch wegen des niedrigen, günstigen Schwerpunktes (Motor unten, Akku unter dem Fahrer). Man kann sich schon schön in Kurven hineinlegen, muß jedoch mit etwas längeren Radien rechnen lernen als früher. (Leute mit Velomobilen oder langen Liegerädern werden darüber sicher nur müde lächeln...) Somit ist das kein Fahrzeug für besondere Kunststücke oder "Fußgängerzonen-Akrobatik", sondern mehr für Langstreckenfahrten; eben ein Fortbewegungsmittel. Auch wegen des höheren Gewichts ist es weniger wendig.
Beim
fahren ohne Akku kommt man durchaus von A nach B; ich muß jedoch zugeben, daß hier ein ordentlich konstruiertes Rad (also keine Baumarkt-Möhre für 300 Euro) ohne Antrieb signifikant angenehmer zu fahren ist. Obwohl es nicht so ist, hat man immer ein klein wenig den Eindruck, der Motor würde "irgendwie ein bischen bremsen"; wohl hauptsächlich wegen des Zusatzgewichts.
Die Schaltung war für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Seit 20 Jahren bin ich keine Nabenschaltung mehr gefahren, ich kannte nur noch Kettenschaltungen (Shimano Deore XT oder wie das Ding hieß).
Nabenschaltungen (aus früheren Zeiten kannte ich nur die unsägliche "Torpedo 3-Gang" von Fichtel & Sachs)
darf man nicht unter Last schalten, das bedeutet am Berg: vorausschauendes Fahren ist hilfreich, denn wenn man im falschen Gang ist, verliert man während des Schaltvorgangs allerhand Speed. Die hier verbaute 8-Gang Schaltung ist nicht mit der "Torpedo 3-Gang" aus der Steinzeit zu vergleichen, aber dieser gravierende Nachteil gegenüber der Kettenschaltung bleibt.
Elektrik und Beleuchtung (mach das Licht aus, wenn du einen fahren läßt): Die Beleuchtung ist von der Anwesenheit des Akkus abhängig: Kein Akku, kein Licht. Fahrten bei Dunkelheit ohne Akku sind folglich nicht möglich.
Das Licht nach vorn empfand ich als nicht so besonders hell und habe mir daher meine alte LED-Akkulampe montiert - nur um festzustellen daß diese auch nicht sonderlich heller ist, wenn überhaupt. Ich meine, hier müßte doch ein wenig mehr Licht drin liegen um die Fahrbahn auszuleuchten. Um gesehen zu werden, reicht es selbstverständlich.
Was mir überhaupt nicht gefällt:
Mit dem Antrieb zusammen schaltet man das Licht aus! Das muß man wissen, und immer daran denken, falls man auf einer Abfahrt den Saft abdreht: LICHT WIEDER ANSCHALTEN! Klar geht das Licht auch bei abgeschaltetem Antrieb.
Kommen wir nun zum überaus informativen und luxuriös ausgestatteten Bedienpanel.

Der Akku zunächst zählt ja nicht dazu, hat aber immerhin 5 LEDs, von denen eine jede für 20% des Ladezustandes zuständig ist. Sind die letzten ca. 5% Kapazität angebrochen, so blinkt die letzte (bzw. erste) LED. Während der Fahrt guckt man allerdings nicht am Akku (zumal man für die Auskunft immer erst ein Knöpfchen dort drücken muß), sondern auf das Bedienpanel am Lenker. Hier hat man ständig den präzisen Überblick über den Ladezustand mittels 3 ganzer LEDs, von denen jede für etwa 33% zuständig ist. Auch hier blinkt die letzte LED bei Anbruch der "Reserve" von ca. 5%. Von weiteren 3 LEDs zeigt jeweils eine die gewählte Fahrstufe an. Übersichtlich ist das Angebot an Knöpfen: Es sind derer drei, nämlich "POWER", "MODE" und "LIGHT". Eine weitere LED für die Beleuchtung ist bei einem Preis so um die 2000 Euro nicht drin (beim HS-Flyer allerdings auch nicht!). Außerdem ist das so übersichtlicher: Schaltet man das Licht ein, werden die übrigen LEDs gedimmt - man sieht das im direkten Vergleich beim ein- und ausschalten des Lichtes. Hat man den Antrieb abgeschaltet, entfällt diese Kontrolle natürlich. Nochmals, der Sicherheit wegen: Schaltet man den Antrieb aus, geht auch das Licht aus! Das halte ich für gefährlich, also fahrlässig vom Hersteller. Akkustrom sparen zu wollen, kann kein Argument sein: Wenn das Fahrzeug einige Minuten steht, schaltet der Antrieb automatisch ab, das könnte man durchaus genau so mit dem Licht machen. Außerdem verbraucht das Licht jawohl praktisch nix im Vergleich zum Motor.
Den Modus - beim einschalten des Antriebs immer auf mittlerer Stufe - "durchzuschalten", d.h. zweimal zu drücken wenn man "runterschalten" möchte, geht bei drei Fahrstufen ja noch, aber
ansonsten ist dieses Bedienpanel nur als schlechter Scherz zu bezeichnen! Eine zweistellige 7-Segment-Anzeige für den Akkustand in Prozent sollte doch wohl nicht die Welt kosten.
Bremsen: Die Wirkung der
Rollenbremsen finde ich vollkommen ausreichend - aber mehr auch nicht. Mit den stinknormalen "V-Brakes" an meinem Fully können diese Bremsen nicht mithalten. Um eine starke Bremswirkung zu erzielen, muß man schon recht kräftig an beiden Griffen ziehen. Gut, bei mir wollen auch 114 kg abgebremst werden, aber das geht ja bei anderen Rädern auch problemlos. Dafür ist die Wirkung gut dosierbar - man wird damit sicher niemals
"über den Lenker absteigen". Vorteilhaft finde ich die Wirkung
bei Nässe: genauso wie trocken, da können dann die V-Brakes wiederum nicht mithalten, die immer eine Radumdrehung brauchen bis die Wirkung nachhaltig einsetzt.
Verarbeitung: Die Verarbeitung finde ich gut. Sie wäre besser, wenn der Akku nicht von billigem Kunsstoff ummantelt wäre, der keinen sehr robusten Eindruck macht. Man nimmt ja den Akku regelmäßig heraus und stellt ihn mal nicht wie ein rohes Ei auf Asphalt. Da sind die ersten Schrammen schon an der Unterseite... Gleiches gilt für den Griff am Akku, da muß man vorsichtig sein. Das Rad selbst macht einen stabilen und gut verarbeiteten Eindruck, der Gepäckträger ist ein Pletscher: unverwüstlich. Leider kann ich meine beiden Packtaschen nicht so fixieren wie es gedacht ist, weil der Gepäckträger zusätzliche Verstrebungen aufweist. Pssst! Unter der mittleren Verstrebung hat man immer eine kleine Luftpumpe dabei

(solange sie nicht geklaut wird).
So weit für's erste - ich werde hier im Thread später noch ergänzend eintragen, was mir auf- und einfällt. Wenn Fragen offen geblieben sind, immer her damit, ihr habt ja die Knöppe
und
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Gruß Moon