Ermittlung der Systemparameter
Einleitung
Von den derzeit drei EPACSim-Modulen ist dies das wichtigste. Es besteht aus sechs Bereichen:
- Eisen- und Reibungsverluste (Motorverhalten im Leerlauf)
- Batterieverluste (Batterieverhalten unter Last)
- Wicklungsverluste (Höhe des Wicklungswiderstandes)
- Controllerverluste (Angabe der Controllerdaten)
- Berechnung der Motorkonstanten (Motormodell)
- Sonstiges (zusätzliche Angaben zum Fahrbetrieb)
Klingt nicht gerade nach "leichter Kost", ist aber tatsächlich halb so wild.
Um zu berechnen, welche Antriebsleistung der Motor im Fahrbetrieb bereitstellt und wie effizient das ganze abläuft, muss eine Leistungsbilanz aufgestellt werden. Im Grunde genommen wäre auch eine direkte Messung der abgegebenen Leistung möglich, aber das ist in der Praxis schwer zu bewerkstelligen. Zum einen ist hierbei die Erfassung des Motordrehmomentes erforderlich und zum anderen ist es recht mühselig, die ganze Messausrüstung auf einem Pedelec unterzubringen und dazu noch während der Fahrt zu bedienen.
Alternative: Man überlegt sich, wie man den Motor im Fahrbetrieb mithilfe von Formeln nachbilden kann. Hierzu braucht man ein paar Parameter, die den Motor hinreichend beschreiben. Wenn es gelingt, die Messung dieser Parameter auf die Erfassung elektrischer Größen (Strom, Spannung) sowie auf die Erfassung einfacher mechanischer Größen (Drehzahl) zu beschränken, dann läuft das ganze ziemlich simpel ab.
Diese Eingabemaske soll genau das sicherstellen.
Die Genauigkeit hierbei hängt natürlich vom gewählten Modell und von der Messgüte ab, muss aber nicht zwangsläufig schlechter sein als eine komplizierte (und daher bei Verwendung einfacher Messapparaturen ebenfalls nicht fehlerfreie) direkte Messung. Es ist in der Industrie beispielsweise absolut üblich, den Wirkungsgrad und die abgegebene mechanische Leistung von elektrischen Maschinen indirekt über die Messung der elektrischen Eingangsleistung und unter Abzug aller – aus anderen Messungen
berechneten – Verluste anzugeben.
Will man zudem auch noch beobachten, an welcher Stelle im Antriebsstrang sich "Energiefresser" verbergen, dann fängt man am besten vorne bei der Batterie an und arbeitet sich nach hinten zum Motor durch. Messtechnisch gesehen wäre das eine große Herausforderung, anhand berechneter (aus Messungen abgeleiteter) Kurven ist es hingegen einfach.
Und schließlich: Die Eignung eines Systems für einen bestimmten Zweck ("Ich wohne am Berg, was brauche ich?" oder "Wie groß sollte mein Akku sein?") lässt sich vorab eigentlich nur mit Hilfe einer Simulation so richtig komfortabel überprüfen.
Eisen- und Reibungsverluste
Bei dieser Messung werden die Verluste ermittelt, die durch die Drehbewegung des Motors entstehen. Das sind z.B. Lagerreibungsverluste, Verluste an Dichtmanschetten, Hysterese- und Wirbelstromverluste im Blechpaket des Motors (verursacht durch das rotierende Magnetfeld), aerodynamische Verluste des rotierenden Laufrades (z.B. verursacht durch die Speichen) usw.
Alle diese Verluste treten selbst im stromlosen Fall auf und hängen lediglich von der Drehzahl des Motors ab.
Die Messung wird so durchgeführt, wie in der Hilfe im Programm angegeben, und die zugehörigen Messwerte werden in die Tabelle eingetragen. Dann wird auf Knopfdruck ("Analyse") eine Regressionsanalyse durchgeführt und ausgerechnet, inwieweit die ermittelten Verluste konstant sind bzw. linear oder quadratisch von der Drehzahl abhängen. Die Messpunkte sollten weitestgehend auf der ermittelten Ausgleichskurve liegen, ansonsten ist die Messung zu wiederholen. Je nach Lage kann es auch ausreichen, "Ausreißer" in den Messwerten einfach zu löschen. Die ermittelte Funktion wird unterhalb des Diagramms dargestellt und lässt sich nutzen, um zum einen die Qualität der Messung zu beurteilen und zum anderen, um die betreffenden Verluste für jeden Drehzahlpunkt zu ermitteln, auch wenn dieser nicht direkt gemessen wurde.
Das Diagramm kann in die Zwischenablage kopiert (rechter Mausklick in einen leeren Diagrammbereich) oder abgespeichert werden (linker Mausklick in einen leeren Diagrammbereich).
Batterieverluste
Bei dieser Messung werden die Verluste ermittelt, die durch den Innenwiderstand der Batterie verursacht werden. Diese Verluste bestimmen, welche Energiemenge der Batterie tatsächlich entnommen werden kann. Man kann sich das leicht klar machen, wenn man mal die Entladung einer Batterie mit dem Strom I in der Zeit t betrachtet und dies einer Entladung mit dem Strom I / 2 in der Zeit 2 x t gegenüberstellt. Im ersten Fall beträgt die "verlorene" Energie I² x R x t und im zweiten Fall I² / 4 x R x 2 x t (also die Hälfte). Dieses Verhalten ist Teil dessen, was man als Peukert-Effekt bezeichnet.
Die Messung wird so durchgeführt, wie in der Hilfe im Programm angegeben, und die zugehörigen Messwerte werden in die Tabelle eingetragen. Dann wird auf Knopfdruck ("Analyse") eine Regressionsanalyse durchgeführt und damit die rechnerische Leerlaufspannung sowie der (hier kontant angenommene) Widerstand der Batterie ermittelt. Ein quadratischer Term ist bei der Beschreibung der Batterieklemmenspannung unter Last (= Strom) bewusst nicht aufgenommen worden, da dieser dazu führen kann, dass die Ausgleichskurve für hohe Ströme einen vermeintlich negativen Widerstand darstellt. Der fehlende quadratische Term wird zwangsläufig dazu führen, dass die Ausgleichskurve schlechter mit den Messwerten übereinstimmt als bei der obigen Messung der Eisen- und Reibungsverluste. Die ermittelte Funktion wird unterhalb des Diagramms dargestellt und lässt sich nutzen, um das Verhalten der Batterie unter Last zu beschreiben, auch für Ströme, die nicht direkt gemessen wurden.
Das Diagramm kann in die Zwischenablage kopiert (rechter Mausklick in einen leeren Diagrammbereich) oder abgespeichert werden (linker Mausklick in einen leeren Diagrammbereich).
Wicklungsverluste
Bei dieser Messung wird mit dem Wicklungswiderstand die Motorgröße gemessen, die bei Nabenmotoren im Pedelec-Bereich üblicherweise den größten Verlustanteil (nämlich die Kupferverluste) bestimmt. Die Messung ist daher mit hoher Sorgfalt und gemäß der Anleitung in der Hilfe im Programm durchzuführen. Da der Wicklungswiderstand recht klein ist, kann nicht direkt mit einem einfachen Ohmmeter gemessen werden. Es ist besonders darauf zu achten, dass sämtliche Verbindungen über eine festsitzende Verschraubung oder Klemmung hergestellt sind (gilt auch für die Messgeräte).
Aus den drei ermittelten Messwerten und der Temperatur der Wicklung zum Zeitpunkt der Messung wird der sogenannte Kaltwiderstand des Motors (bei 20 °C) berechnet.
Dieser Wert entspricht
nicht dem Strangwiderstand des Motors.
Es spielt dabei auch
keine Rolle, ob der Motor in Stern- oder Dreieckschaltung ausgeführt ist.
Controllerverluste
Hier kann mit einfachen Mitteln nicht viel gemessen werden. Lediglich die Strombegrenzung (ist auf dem Controllergehäuse aufgedruckt und wirkt meist batterieseitig) kann ein Normalanwender problemlos beisteuern.
Wer die MOSFET-Daten aus dem zughörigen Datenblatt ermitteln will, muss in aller Regel das Controllergehäuse öffnen, wodurch die Gewährleistung des Händlers erlischt. Außerdem sind beim Auseinander- und Zusammenbauen ein paar Dinge zu beachten: Es muss dafür gesorgt werden, dass sich durch diese Maßnahme die thermische Anbindung der MOSFETs an die Kühlfläche (Gehäuse) nicht verschlechtert und es ist zu beachten, dass sämtliche Isolierteile (Folien, Hüsen, ...) wieder exakt montiert werden.
Das Vorhandensein eines aktiven Freilaufes kann per Messung nur von Experten überprüft werden.
Möglich wäre auch, dass ein Händler mit entsprechenden Kontakten zu den Entwicklern diese Eigenschaft (und bei der Gelegenheit auch gleich noch den MOSFET-Typ und das Wirkprinzip der Strombegrenzung) als Service für seine Kunden abfragt.
Ausgabe der Motorkonstanten
Dieses Feld dient nur der Information. Es ist deshalb aufgenommen, weil dieser Wert das zentrale Verhalten des Motors beschreibt und daher als eine Art Fingerabdruck bezeichnet werden kann.
Sonstiges
Hier werden die folgenden Werte eingegeben:
- Reifendurchmesser (so wie er sich aus dem tatsächlichen Abrollumfang berechnet)
- Eigenleistung des Fahrers (um den tatsächlichen Betrieb als Pedelec berechnen zu können)
- Betriebstemperatur des Motors (um die Widerstandsänderung der Wicklung bei Betriebstemperatur berücksichtigen zu können)