V
Velo66
Themenstarter
- Dabei seit
- 18.01.2014
- Beiträge
- 1.404
- Reaktionspunkte
- 715
- Details E-Antrieb
- Go Swiss Drive CAN-Bus 45kmH
Hier ein guter Artikel aus der Neuen Züri Zeitung vom 14.4.22 über die Schweizer eBike Hersteller
Peter Hummel13.04.2022, 17.30 Uhr
Er war nicht einfach der Schweizer E-Bike-Pionier – Michael Kutter war der Wegbereiter der europäischen Elektrovelobewegung schlechthin. Der Basler Düsentrieb steht schon in den 1980er Jahren an vorderster Front des Elektro-Leichtfahrzeug-Baus. Er gehört zu den Vätern des verschalten Elektrodreirads Twike, das bei seiner Premiere im Jahr 1986 weltweite Beachtung findet. 1990 lanciert er den Prototypen des Dolphin, eines der allerersten Velos mit elektrischem Hilfsantrieb, der über die Pedalkraft des Fahrers und nicht über einen Gasgriff gesteuert wird.
Das Tragische dabei: Obwohl Kutter anerkanntermassen als der Vordenker der E-Bike-Industrie gilt, bleibt er immer zu sehr Tüftler statt Kaufmann. Jedenfalls kann er nicht vom einsetzenden Boom im Lauf der nuller Jahre profitieren; insgesamt werden kaum mehr als 1000 Dolphins verkauft. 2015 verstirbt der Visionär leider viel zu früh.
Der De-Vigier-Jungunternehmerpreis verhilft den drei Kompagnons zu zwei potenten Investoren: Phonak-Gründer Andy Rihs und Swatch-Erfinder Ernst Thomke. Nach 600 verkauften Classic-Modellen lancieren sie im Jahr 2000 die Serie F mit vollgefederten Druckguss-Rahmen, doch das auf sportliche Pendler ausgerichtete Designbike findet nicht die angepeilte Auto-Umsteiger-Klientel. 2001 lässt die geplatzte Dotcom-Blase die Konjunktur stottern, die Investoren verlieren die Geduld – BKTech muss Konkurs anmelden.
Kurt Schär, der kurz zuvor noch eingestiegene CEO, kauft die Velos aus der Konkursmasse und bringt ab 2003 den Flyer unter der neuen Firma Biketec endlich zum Fliegen – vor allem dank dem Dauerbrenner C-Serie, der 16 Jahre lang im Programm bleibt. Mit seinem behäbigen Tiefeinsteiger-Look ist er die zielführende Antithese zur F-Serie: nicht auf eine trendige urbane Kundschaft, sondern vorab auf Senioren ausgerichtet. In dieser Zeit wird Flyer schlechthin zum Gattungsbegriff und Synonym für ein Elektrorad.
Seit 2021 ist die Stromer aber mit dem Verkauf an die französische Beteiligungsgesellschaft Naxicap Partners genauso in ausländischem Besitz wie die Biketec AG, die 2017 unter das Dach der führenden deutschen Einkaufsgruppe ZEG kommt und kurz darauf in Flyer AG umfirmiert wird. Die beiden Firmen sind die mit Abstand grössten reinen Elektrovelohersteller der Schweiz: Stromer mit geschätzten 14 000 Rädern, Flyer mit gut 60 000.
Doch auch der Flyer-Urgründer ist wieder im Geschäft: Philippe Kohlbrenner kommt 2011 zurück mit seiner neuen Firma Swiss-urbanbikes GmbH. In der renovierten Mühle Waltrigen unweit des Flyer-Sitzes stellt er mit einer Handvoll Mitarbeiter das Speedped her. Es wirkt mit seinem Akku-Koffer im Rahmendreieck wie ein Klon des Flyer Classic. Mit dem seit einem Jahrzehnt unveränderten Design in verschiedenen Modellvarianten scheint es beim gegenwärtigen Trend zur Integration wie aus der Zeit gefallen. Doch leistungsmässig hängt Kohlbrenner immer noch fast die ganze Konkurrenz ab: Mit Tesla-Zellen von bis zu 2400 Watt ist die Akkukapazität drei bis vier Mal grösser und der Motor viel kleiner, aber trotzdem nahezu doppelt so stark wie bei vergleichbaren S-Pedelecs.
Der Rahmenbauer Thomas Neeser etwa pimpt unter der Marke Fretsche in Zürich gebrauchte Dreigänger zu ganz neuen Rahmenformen, entwirft aber auch nostalgisch anmutende Unikate, eigentliche Fahrradskulpturen, wie das Vue des Alpes, das 2012 mit dem Prix Jumelles ausgezeichnet wird.
Auf eine ähnliche, wenn auch sportlichere Vintage-Schiene setzt Jaal in Feusisberg: Der erfolgreiche ehemalige Downhill-Rennfahrer Janez Grasic legt 2015 eine Kleinserie von 22 Stück des Retro-Modells Dedo mit Springergabel auf – leider ohne Fortsetzung.
Eine Mini-Nische will auch Stanislaus Arnold in Altdorf mit seinem Urlette bedienen: Dass es ausgerechnet ein Chopper sein soll, ist seiner Passion wie seinem Handwerk geschuldet: Als Metallbauer kann er sich mit vielen schmucken Details einbringen. Mehr als ein Dutzend Käufer hat der avantgardistische Urner noch nicht gefunden.
Einen gewissen kommerziellen Erfolg hat hingegen Ohad Cohen von Ocobike in Neuenburg mit seinen Cruisern V-Oco. Arnold wie Cohen beklagen aber, dass eine einst kleine Cruiser-Szene inzwischen so gut wie gestorben sei.
Dass der Markt dafür in der Tat zu klein ist, muss auch der einzige industrielle Schweizer Hersteller konstatieren, die Proto in Uetendorf bei Thun. Die Feinmechanik- und Elektronikfirma kann die wichtigsten Teile in Eigenfertigung herstellen. Während sieben Jahren wird eine limitierte Serie von je 50 Proto-Bikes im Retrolook produziert.
Für einen totalen Kontrapunkt sorgt Gerry Weber in Kriechenwil im Saanetal. Mit seinen Düsenspeed-Modellen ist er nämlich der wahre Überflieger unter den Strombike-Herstellern. Seine Spezialität ist die offene Klasse, die locker doppelt so schnell wie die S-Pedelecs düst. Auf öffentlichen Strassen darf sie zwar nur als E-Motorrad verkehren – und so sieht sie mit ihren grossvolumigen Rahmen auch aus: Mit Know-how aus dem Segel-Rennsport kann Weber die Formen für seine Flitzer aus superleichten und -steifen Verbundstoffen selber herstellen. Nach wenigen verkauften Bikes fertigt er nur noch auf Anfrage.
Power ist auch das Business von Bea Himmelberger und Urs Rüegger in Gebertschwil bei Flawil. Ihr E-Bike Center Swiss Powerbike ist ein Custom-Shop, wie man ihn sonst nur bei Harley-Davidson kennt – jedes neue Bike wird hier zuerst weitgehend demontiert und veredelt. Der SEV-geprüfte Niedervoltfachmann Rüegger macht das, was normale Händler scheuen: Motorentuning. Und die Nachfrage lässt nicht zu wünschen übrig.
In den letzten Jahren sind auch im kommerziellen Bereich reine E-Bike-Marken entstanden. Die meisten werden aber in der Schweiz nur gestaltet und spezifiziert, effektiv hier aufgebaut werden nur Bergstrom (produziert im Alpa-Werk Sirnach, wie die beiden andern Händlermarken der Komenda AG, Cresta und Ibex), YouMo in Rapperswil (hat mit dem kecken Mofa-Look seit acht Jahren eine einzigartige Erscheinung) und e-Framer in Thun. Der einstige Mofa-Hersteller (Stähli AG, Marke Staco) hat nicht nur das Genre gewechselt, sondern auch ein neues Geschäftsmodell kreiert: Bestellung online, Auslieferung durch eigenen Fachmann mit Instruktion am Domizil. Ganz auf online umgestiegen ist auch Cylan in Pieterlen.
Einen eigenen Weg hat dank einem Filialnetz auch Ego Movement gefunden mit eher preisgünstigen, aber modischen Stadt-Stromern, die in Wallisellen endmontiert werden. Die Firma ist wie neuerdings E-Bike-Filialist M-way im Mehrheitsbesitz des indischen Zweirad-Riesen TVS Motor Company. Als Exklusivität werden Testräder auch nach Hause geliefert.
Dass eine Crossover-Strategie immer wichtiger wird, hat auch Eflizzer erkannt. Der mit günstigen E-Scootern und E-Falträdern aus Fernost bekannt gewordene Online-Händler hat erste Showrooms eröffnet und plant ebenfalls ein landesweites Filialnetz.
In jüngster Zeit sind noch regionale reine E-Bike-Hersteller auf den Markt gekommen wie die beiden Luzerner Marken Aureus Drive und Schnellfuss 1871. Aureus positioniert sich ebenfalls explizit über einen «günstigeren Preis», was bei No-Name-Motoren und -Akkus und Direktvertrieb auch nicht verwunderlich ist.
Am andern Ende der Skala sind ein paar Global Player zu erwähnen, die in der Schweiz ihre E-Bikes entwickeln: Natürlich die beiden Schweizer Firmen BMC in Grenchen und Scott in Givisiez, dazu Specialized, die in Cham das ganze E-Produktmanagement hat, und Diamant, für die am Sitz von Trek Europa in Dübendorf das Kreativteam wirkt.
Die Schweiz war bei E-Bikes stets führend
Was vor dreissig Jahren begann, hat sich auch im letzten Boom-Jahrzehnt durchgezogen: Dank Pionieren, Exoten und Trendfirmen war unser Land immer an der Spitze des Elektrogeschäfts.Peter Hummel13.04.2022, 17.30 Uhr

Rahmenbauer Thomas Neeser liefert mit der Marke Fretsche E-Bikes der besonderen Art.
PDEr war nicht einfach der Schweizer E-Bike-Pionier – Michael Kutter war der Wegbereiter der europäischen Elektrovelobewegung schlechthin. Der Basler Düsentrieb steht schon in den 1980er Jahren an vorderster Front des Elektro-Leichtfahrzeug-Baus. Er gehört zu den Vätern des verschalten Elektrodreirads Twike, das bei seiner Premiere im Jahr 1986 weltweite Beachtung findet. 1990 lanciert er den Prototypen des Dolphin, eines der allerersten Velos mit elektrischem Hilfsantrieb, der über die Pedalkraft des Fahrers und nicht über einen Gasgriff gesteuert wird.
Der Pionier, der nie seine Früchte ernten konnte
Als erstes E-Bike überhaupt unterstützt der Dolphin bis zu einem Tempo von 45 km/h und begründet damit die neue Klasse der schnellen E-Bikes (S-Pedelecs). Leider gelingt es Kutter mit seiner Firma Velocity nicht, eine konstante Serienfertigung auf die Beine zu stellen, und mit Lizenzen hat er Pech: Sowohl die 2004 eingegangene Partnerschaft mit der Schweizer Firma Swissbee als auch der 2008 besiegelte Vertrag mit der amerikanischen Marke Currie Technologies bringen nicht den Durchbruch. 2012 muss Kutter gar Konkurs anmelden.Das Tragische dabei: Obwohl Kutter anerkanntermassen als der Vordenker der E-Bike-Industrie gilt, bleibt er immer zu sehr Tüftler statt Kaufmann. Jedenfalls kann er nicht vom einsetzenden Boom im Lauf der nuller Jahre profitieren; insgesamt werden kaum mehr als 1000 Dolphins verkauft. 2015 verstirbt der Visionär leider viel zu früh.
Auch Flyer-Gründer sind der Zeit zu weit voraus
1993 montiert Philippe Kohlbrenner einen Scheibenwischermotor und eine Motorradbatterie an ein rotes Coronado-Velo, um sich den steilen Heimweg im Emmental zu erleichtern – der «rote Büffel» ist der Flyer-Urahne. Zwei Jahre später gründet Kohlbrenner mit Reto Böhlen und Christian Häuselmann in Burgdorf die BKTech. 1996 werden die ersten 50 durch Vorbestellung finanzierten Flyer Classic ausgeliefert: Zwischen den Diamantrahmen eines Villiger-Velos ist ein Koffer mit Motor und Akku platziert.
Der «rote Büffel» ist das erste E-Bike von Flyer.
PDDer De-Vigier-Jungunternehmerpreis verhilft den drei Kompagnons zu zwei potenten Investoren: Phonak-Gründer Andy Rihs und Swatch-Erfinder Ernst Thomke. Nach 600 verkauften Classic-Modellen lancieren sie im Jahr 2000 die Serie F mit vollgefederten Druckguss-Rahmen, doch das auf sportliche Pendler ausgerichtete Designbike findet nicht die angepeilte Auto-Umsteiger-Klientel. 2001 lässt die geplatzte Dotcom-Blase die Konjunktur stottern, die Investoren verlieren die Geduld – BKTech muss Konkurs anmelden.
Kurt Schär, der kurz zuvor noch eingestiegene CEO, kauft die Velos aus der Konkursmasse und bringt ab 2003 den Flyer unter der neuen Firma Biketec endlich zum Fliegen – vor allem dank dem Dauerbrenner C-Serie, der 16 Jahre lang im Programm bleibt. Mit seinem behäbigen Tiefeinsteiger-Look ist er die zielführende Antithese zur F-Serie: nicht auf eine trendige urbane Kundschaft, sondern vorab auf Senioren ausgerichtet. In dieser Zeit wird Flyer schlechthin zum Gattungsbegriff und Synonym für ein Elektrorad.
Bikes vom Bauernhof und aus der Mühle
Inzwischen ist im Bernbiet noch ein zweiter Jungunternehmer auf den Strom gekommen: Thomas Binggeli gründet zusätzlich zu seiner «Bauernhofmarke» Thömus 2010 die myStromer AG. Nach dem «gläsernen» Flyer-Neubau in Huttwil 2009 stellt er 2013 in Oberwangen die zweite moderne Schweizer Elektrovelofabrik auf, den Campus. Da gehört Stromer aber bereits zur BMC Group unter seiner Führung; doch 2017 führt sie Binggeli mit einer Schweizer Investorengruppe wieder in die Selbständigkeit.Seit 2021 ist die Stromer aber mit dem Verkauf an die französische Beteiligungsgesellschaft Naxicap Partners genauso in ausländischem Besitz wie die Biketec AG, die 2017 unter das Dach der führenden deutschen Einkaufsgruppe ZEG kommt und kurz darauf in Flyer AG umfirmiert wird. Die beiden Firmen sind die mit Abstand grössten reinen Elektrovelohersteller der Schweiz: Stromer mit geschätzten 14 000 Rädern, Flyer mit gut 60 000.

Stromer gehört mit seinen E-Bikes zur etablierten Schweizer Szene.
PDDoch auch der Flyer-Urgründer ist wieder im Geschäft: Philippe Kohlbrenner kommt 2011 zurück mit seiner neuen Firma Swiss-urbanbikes GmbH. In der renovierten Mühle Waltrigen unweit des Flyer-Sitzes stellt er mit einer Handvoll Mitarbeiter das Speedped her. Es wirkt mit seinem Akku-Koffer im Rahmendreieck wie ein Klon des Flyer Classic. Mit dem seit einem Jahrzehnt unveränderten Design in verschiedenen Modellvarianten scheint es beim gegenwärtigen Trend zur Integration wie aus der Zeit gefallen. Doch leistungsmässig hängt Kohlbrenner immer noch fast die ganze Konkurrenz ab: Mit Tesla-Zellen von bis zu 2400 Watt ist die Akkukapazität drei bis vier Mal grösser und der Motor viel kleiner, aber trotzdem nahezu doppelt so stark wie bei vergleichbaren S-Pedelecs.

Philippe Kohlbrenner, vormals bei Flyer, bei der Montage eines Speedped in seiner Mühle Waltrigen, dem Sitz seiner neuen Firma Swiss-urbanbikes.
PDEdelhobel tun sich schwer
Während Speedped mit einem simplen funktionalen Design den kommerziellen Dreh gefunden hat, haben mit dem seit Beginn der 2010er Jahre einsetzenden Elektroboom ein halbes Dutzend Exoten insbesondere extravagante Vintage- und Cruiser-Modelle kreiert, die punkto Design, Preis oder Leistung Weltspitze waren.Der Rahmenbauer Thomas Neeser etwa pimpt unter der Marke Fretsche in Zürich gebrauchte Dreigänger zu ganz neuen Rahmenformen, entwirft aber auch nostalgisch anmutende Unikate, eigentliche Fahrradskulpturen, wie das Vue des Alpes, das 2012 mit dem Prix Jumelles ausgezeichnet wird.

Ungewöhnliche Rahmenform im Nostalgie-Look: Fretsche.
PDAuf eine ähnliche, wenn auch sportlichere Vintage-Schiene setzt Jaal in Feusisberg: Der erfolgreiche ehemalige Downhill-Rennfahrer Janez Grasic legt 2015 eine Kleinserie von 22 Stück des Retro-Modells Dedo mit Springergabel auf – leider ohne Fortsetzung.
Eine Mini-Nische will auch Stanislaus Arnold in Altdorf mit seinem Urlette bedienen: Dass es ausgerechnet ein Chopper sein soll, ist seiner Passion wie seinem Handwerk geschuldet: Als Metallbauer kann er sich mit vielen schmucken Details einbringen. Mehr als ein Dutzend Käufer hat der avantgardistische Urner noch nicht gefunden.

Schon fast als Motorräder gehen die E-Bikes von Urlette durch.
Peter HummelEinen gewissen kommerziellen Erfolg hat hingegen Ohad Cohen von Ocobike in Neuenburg mit seinen Cruisern V-Oco. Arnold wie Cohen beklagen aber, dass eine einst kleine Cruiser-Szene inzwischen so gut wie gestorben sei.
Dass der Markt dafür in der Tat zu klein ist, muss auch der einzige industrielle Schweizer Hersteller konstatieren, die Proto in Uetendorf bei Thun. Die Feinmechanik- und Elektronikfirma kann die wichtigsten Teile in Eigenfertigung herstellen. Während sieben Jahren wird eine limitierte Serie von je 50 Proto-Bikes im Retrolook produziert.
Für einen totalen Kontrapunkt sorgt Gerry Weber in Kriechenwil im Saanetal. Mit seinen Düsenspeed-Modellen ist er nämlich der wahre Überflieger unter den Strombike-Herstellern. Seine Spezialität ist die offene Klasse, die locker doppelt so schnell wie die S-Pedelecs düst. Auf öffentlichen Strassen darf sie zwar nur als E-Motorrad verkehren – und so sieht sie mit ihren grossvolumigen Rahmen auch aus: Mit Know-how aus dem Segel-Rennsport kann Weber die Formen für seine Flitzer aus superleichten und -steifen Verbundstoffen selber herstellen. Nach wenigen verkauften Bikes fertigt er nur noch auf Anfrage.

Wie von einer anderen (E-Bike-)Welt: Das Düsenspeed sieht eher aus wie ein Motorrad. Im Bild der Kreateur Gerry Weber auf einem Modell 214.
PDPower ist auch das Business von Bea Himmelberger und Urs Rüegger in Gebertschwil bei Flawil. Ihr E-Bike Center Swiss Powerbike ist ein Custom-Shop, wie man ihn sonst nur bei Harley-Davidson kennt – jedes neue Bike wird hier zuerst weitgehend demontiert und veredelt. Der SEV-geprüfte Niedervoltfachmann Rüegger macht das, was normale Händler scheuen: Motorentuning. Und die Nachfrage lässt nicht zu wünschen übrig.
Neue E-Marken – neue Vertriebsmodelle
Neben solchen Exoten sind in dieser Zeit längst auch alle herkömmlichen Schweizer Velomarken ins Elektrogeschäft eingestiegen, das inzwischen auch für den grössten Teil des Umsatzes sorgt: Tour de Suisse, Cresta, Ibex, Price, Thömus, Kristall, Aarios und Veo. Alle assemblieren ihre ganze Palette vor Ort (Kristall nur die Modelle mit Brose-Motor).In den letzten Jahren sind auch im kommerziellen Bereich reine E-Bike-Marken entstanden. Die meisten werden aber in der Schweiz nur gestaltet und spezifiziert, effektiv hier aufgebaut werden nur Bergstrom (produziert im Alpa-Werk Sirnach, wie die beiden andern Händlermarken der Komenda AG, Cresta und Ibex), YouMo in Rapperswil (hat mit dem kecken Mofa-Look seit acht Jahren eine einzigartige Erscheinung) und e-Framer in Thun. Der einstige Mofa-Hersteller (Stähli AG, Marke Staco) hat nicht nur das Genre gewechselt, sondern auch ein neues Geschäftsmodell kreiert: Bestellung online, Auslieferung durch eigenen Fachmann mit Instruktion am Domizil. Ganz auf online umgestiegen ist auch Cylan in Pieterlen.

Kleine Räder und klobiger Rahmen erinnern beim YouMo an Mofas aus den 1970er Jahren.
PDEinen eigenen Weg hat dank einem Filialnetz auch Ego Movement gefunden mit eher preisgünstigen, aber modischen Stadt-Stromern, die in Wallisellen endmontiert werden. Die Firma ist wie neuerdings E-Bike-Filialist M-way im Mehrheitsbesitz des indischen Zweirad-Riesen TVS Motor Company. Als Exklusivität werden Testräder auch nach Hause geliefert.
Dass eine Crossover-Strategie immer wichtiger wird, hat auch Eflizzer erkannt. Der mit günstigen E-Scootern und E-Falträdern aus Fernost bekannt gewordene Online-Händler hat erste Showrooms eröffnet und plant ebenfalls ein landesweites Filialnetz.
In jüngster Zeit sind noch regionale reine E-Bike-Hersteller auf den Markt gekommen wie die beiden Luzerner Marken Aureus Drive und Schnellfuss 1871. Aureus positioniert sich ebenfalls explizit über einen «günstigeren Preis», was bei No-Name-Motoren und -Akkus und Direktvertrieb auch nicht verwunderlich ist.
Am andern Ende der Skala sind ein paar Global Player zu erwähnen, die in der Schweiz ihre E-Bikes entwickeln: Natürlich die beiden Schweizer Firmen BMC in Grenchen und Scott in Givisiez, dazu Specialized, die in Cham das ganze E-Produktmanagement hat, und Diamant, für die am Sitz von Trek Europa in Dübendorf das Kreativteam wirkt.